Schlagartig ist das Ende unserer alten Welt da. Niemand konnte es ahnen, dass es wie ein Tsunami auf uns hereinbrechen wird. Mit einem Federstrich werden unsere irrationalen Ansprüche und alltäglichen Selbstverständlichkeiten weggefegt. Und mit ihnen auch manche Grundrechte und manche wirtschaftlichen Grundlagen.
Vor vier Jahren habe ich auf meinem Beratungsansatz Leadership Inside Out umgestellt, mit dem Fokus, dass eine Stärkung von INNEN her stattfinden muss, um die herankommende Transformation zu meistern. Das Neue entsteht aus der inneren Erneuerung.
Genau das passiert jetzt. Anders als ich und wir alle gedacht haben und ohne Möglichkeit, dem zu entfliehen. Alle sind betroffen. Jeder auf seine Weise. Individuell und national. Die Grenzen sind dicht und die Menschen daheim. Die Gesundung und Erneuerung erfolgen aus dem INNEREN des eigenen Systems. Dann gehen wir in eine sinnstiftende Zukunft, in der eine neue kollektive Form der WIR-Kultur entsteht und die wirklich global UND lokal funktioniert. Das Gegenteil wäre, in der Angst steckenzubleiben und sich in eine nachhaltig gegenseitig überwachende Isolationsgesellschaft zurück zu ziehen.
Covid-19 ist ein Gleichbehandler aller Menschen
Das Virus kümmert sich nicht darum, wer Sie sind, wo Sie leben, welchen Status Sie haben beziehungsweise ob Sie reich oder arm sind. Corona (be)trifft alle Menschen. Es trifft uns direkt und unmittelbar. Ein Virus braucht nicht einmal drei Wochen, um unsere Gesellschaft und Wirtschaft weltweit quasi still zu legen. Es erschüttert uns in unserem Selbstverständnis und fördert zutage, was tief in uns verborgen ist. Es bringt Verhalten, Ängste und Bedürfnisse im Positiven wie im Negativen hervor, von denen viele nicht wussten, dass sie sie haben.
Verantwortung übernehmen für sich selbst und andere
Corona hat die Gesellschaft gespalten: Die einen arbeiten rund um die Uhr und die anderen sind in Zwangspause in welcher Form auch immer. Die wirtschaftlichen Gewinner und die wirtschaftlichen Verlierer. Die Jungen und die Alten.
Homeoffice gemeinsam mit Schulsperre und Ausgangsverbot stellen mitunter eine große emotionale Belastung dar, ebenso wie die Schulsperre gemeinsam mit Ausgangsverbot und keiner Arbeit. Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit gepaart mit sonstigen Überwachungsmechanismen sind ein Pulverfass für unsere Nerven.
Gefühle kann man nicht dauerhaft wegschieben. Man darf sie nicht ignorieren, sondern man muss sie anerkennen und neue Blickwinkel hinzufügen. Wie schafft man das? Wie kann man eine innere Distanz aufbauen und aus der Metaposition erweiterte Optionen erkennen, wenn man mitten drinsteckt?
Zusammenhalten und gemeinsam durch die Krise gehen
Wir wissen, dass wir gemeinsam durch die Veränderung durchmüssen – ohne Abkürzung. Vom Schock und dem „Nicht-glauben-wollen“ zum „Erkennen, dass es Realität ist“ und „welche Konsequenzen es haben wird“. Wie in jedem Wandel sind die einen früher und die andern später am Tiefpunkt. Auch wenn es den Anschein haben könnte, der Tiefpunkt ist derzeit für die wenigsten wirklich erreicht. Da kommen noch enorme Herausforderungen auf uns zu.
Wie werden wir in der Lage sein, in den Familien und in den überlasteten Arbeitsumfeldern Stabilität zu erhalten? Werden wir es schaffen, von allzu großen Schuldzuweisungen Abstand zu nehmen? In der Öffentlichkeit sind hier vor allem die Medien gefordert, einen stabilisierenden statt konfrontierenden Beitrags zu leisten.
Es wird zu einer vollkommenen Neuordnung in allen Bereichen kommen. Ob wir in der Lage sind, dieses neue WIR das sich jetzt in der Gesellschaft zeigt, dauerhaft über die gesamte Krise hinaus aufrecht zu erhalten, wird sich zeigen. Das Potenzial haben wir. Jeder kann sich bewusst dafür einsetzen.
Was kann jeder für sich tun?
Jetzt ist es wichtig, sich innerlich gut zu verankern, um sich nicht von den Schreckensmeldungen allzu mitreißen zu lassen und sich in der Krise zu verlieren. Wenn Sie merken, dass Sie innerlich aus dem Gleichgewicht geraten, dann halten Sie einen Moment inne. Egal was Sie gerade machen. Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf das Atmen: ein und lange aus, ein und lange aus. Ein paar Minuten reichen meistens schon aus, um wieder in Verbindung mit sich selbst zu kommen.
Es ist wichtig, die nötige Gedankendisziplin zu üben, um nicht in der Überforderung – durch zu viel an Arbeit oder gar keine Arbeit mehr – zu versinken. Gedanken haben ihre eigene Dynamik und die Tendenz, das zu verstärken, was wir gerade denken. Im negativen Fall ist wie ein Sog, der uns nach unten zieht. Geben Sie dem nicht nach, indem Sie kurzerhand etwas völlig anderes vollkommen konzentriert tun, zum Beispiel putzen, kochen, einen schönen Film schauen oder die schönsten Erinnerungen Ihres Lebens aufschreiben.
Es ist wichtig, dass wir einander stützen und für die innere emotionale Klärung einen Puffer haben. Kümmern Sie sich auch um die anderen. Ich halte dies für einen dauerhaften gesellschaftlichen Zusammenhalt für unerlässlich. Und wenn Sie niemanden hilfreich um sich haben, dann scheuen Sie sich nicht und holen Sie sich Hilfe, um mit der Situation so weit klar zu kommen, dass sie Schritt für Schritt an der Bewältigung arbeiten können.
Um welche Kernthemen geht es jetzt?
- Wie finde ich emotionale Balance und was kann ich tun, um sie immer wieder zu erneuern und zu halten?
- Wie schaffe ich in meinem Inneren ausreichend Raum, um mit dem Zusammenleben auf engerem Platz zurecht zu kommen?
- Woher bekomme ich andere Sichtweisen und Handlungsoptionen zu Konflikten, die jetzt entstehen?
- Wie finde ich raus aus dem Gedankenkarussell und wer hilft mir, immer wieder einen freien Kopf zu bekommen?
- Mit wem kann ich frei über meine Ängste sprechen, ohne meine Umgebung damit allzu sehr zu beunruhigen?
- Wie kann ich meine Gedanken disziplinieren, um mich nicht in negativen Phantasien zu verlieren?
Vertrauen in eine gute Zukunft ist essentiell
Jetzt geht es darum, gemeinsam verbunden durch die Krise zu gehen, unabhängig in welcher Situation sich der Einzelne und das Unternehmen befindet. Hinter jedem großen Schatten steht auch ein großes Licht. Zusammenhalten im Abstandhalten: Ängste brauchen eine Form der Auseinandersetzung, die wahrnimmt und anerkennt, die aber auch über die Situation hinausgeht. Jeder kann zuhören.
Es wird wichtig sein, dass genug Menschen den Blick erheben und auf eine positive Entwicklung fokussieren, dementsprechende Schritte setzen und für andere ein Leuchtturm sind. Im Kleinen wie im Großen.
“Die Qualität der inneren Verwandlung während der Krise bestimmt die Qualität unserer Zunkunft” (Andrea Amberger)